Atempause für den denkenden Geist

 


Mit spitzer Feder …


(Bild: zVg)

Es gibt Menschen, deren Lebensaufgabe scheint es zu sein, a) alles besser zu wissen und b) immer und überall zu stänkern und zu negieren und c) grundsätzlich alles abzulehnen. Jeder und jede kennt in seinem Umfeld einen solchen Zeitgenossen oder eine Zeitgenossin, die permanent kritisiert und seine chronische, ja manchmal sogar toxische Unzufriedenheit seinen Mitmenschen – wann immer möglich – um die Ohren schlägt. Ich bin ganz sicher – jetzt, wo Sie dies lesen – kommt Ihnen spontan ein oder gleich mehrere Namen in den Sinn. Tja, diese Mitmenschen, bei welchen das Glas immer halb leer ist, sind Energievampire. Ich habe schon einige erlebt und habe meine Strategien entwickelt, um mit ihnen klar zu kommen: freundlich, respektvoll aber bestimmt das Weite suchen. Allerdings glaube ich seit der Pandemie zu beobachten, dass diese unzufriedenen Frustrieten sich wie die Karnickel vermehren. Dies, obwohl die Schweiz gemäss dem Weltglücksbericht der UNO aktuell auf dem 9. Platz liegt. Es scheint, in der reichen, schönen Schweiz viele unzufriedene Menschen zu geben. Ich frage mich, was der Lebensinhalt dieser Dauernörgler ist.

In diesem Zusammenhang habe ich mir Gedanken über die Unzufriedenen gemacht: Unzufriedenheit entsteht, weil wir uns einen Mangel oder ein unerfülltes Bedürfnis vorstellen. Wir nehmen an, dass wir erst dann glücklich sein können, wenn wir bekommen, was uns fehlt. Sobald wir erhalten haben, was wir uns wünschen, ist diese besondere Unzufriedenheit verschwunden. Wir fühlen uns besser. – aber nicht, weil wir das Objekt unserer Begierde erhalten haben – sondern nicht länger die Unzufriedenheit erzeugen, die daraus resultiert, dass wir es nicht hatten. Es geht dabei aber nicht um ein bestimmtes Produkt, eine bestimmte Erfahrung oder Möglichkeit – es mangelt uns an Frieden und an der Zufriedenheit des natürlichen Geistes. Jede und jeder – auch ich – kennen dieses Gefühl. Dabei ist allerdings die Frage, wie wir damit umgehen. Viele begreifen nicht, dass ein grosser Teil unserer Unzufriedenheit selbst geschaffen ist. Sie versuchen diese zu lindern, indem sie von einer Aufgabe zur nächsten eilen und Positionen auf ihrer nie enden wollenden To-do-Liste abhaken. Nur selten halten wir einen Moment inne, um uns am Duft der Rosen zu erfreuen. Stattdessen suchen wir Gück in der uns vertrauten Welt um uns herum. Wir wissen, wie wir sie verändern, wie wir Besitztümer ansammeln und wie wir Menschen dazu bringen können, sich so zu verhalten, wie wir es wollen. Wir jagen häufig nach Dingen und Erfahrungen in der äusseren Welt und begreifen nicht, dass der Schlüssel, um uns besser zu fühlen, in unserem Innern liegt.

Wenn wir unseren Widerstand loslassen, mit dem Fluss gehen und Dinge so akzeptieren, wie sie sind, dann fühlen wir uns wohl und gelassen. Oder anders ausgedrückt: Wenn wir uns frustriert, wütend oder empört fühlen, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als das Gefühl zu akzeptieren. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Ich habe mich sehr schwer damit getan, dass mein Vater die Diagnose Demenz bekam und ins Alters- und Pflegeheim ziehen musste. Ein «harter Knochen», an dem ich lange gekaut habe, bis ich irgendwann realisierte: Widerstand ist zwecklos. Also lasse ich es bleiben und wünsche mir auch nicht, dass diese Krankheit und belastende Situation nicht da wäre. Es ist wie es ist – und als ich dies akzeptierte, kam ich besser damit klar. Ergo: Wir müssen unsere Anhaftungen loslassen, wie Dinge sein sollten und unsere Erfahrungen so akzeptieren, wie sie sind, ohne Widerstand oder Urteil und so zum natürlichen Geist zurückkehren. So finden wir den Seelenfrieden – einen Frieden, der ewig währt und beflügelt, weil er nicht bestimmten Ereignissen oder den Schwankungen des denkenden Geistes unterworfen wird.

Und vielleicht sollten wir mal wieder darauf achten wie viele kleine Dinge es gibt, die das Leben einfach lebenswert machen. «Am grössten ist das Glück, wenn es ganz klein ist. Deshalb würde ich, wenn ich mein Leben aufschreiben müsste, nur Kleinigkeiten notieren», schreibt der todkranke Franz Kafka. Er hat absolut Recht. Grund genug für mich, jede Woche frische Rosen zu kaufen und jeden Abend daran zu riechen … Die Glückseligkeiten des Lebens sind für mich, immer wieder neue Beziehungen zum Leben zu finden – zu sich selbst, zu den anderen und zur Welt.

Herzlichst,
Ihre Corinne Remund
Verlagsredaktorin

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